Die territoriale Neuordnung und der Aufbau der Palästinensischen Behörde als Folge der Oslo-Verträge und der Veränderungen im Zuge der Zweiten Intifada sind an den politischen Programmen und Prioritäten der palästinensischen NGOs nicht spurlos vorbeigegangen. Besonders jene, die sich auf die «Rückkehr auf die Gebiete» beziehen, haben sich gewandelt.
Die im Bereich der Agrarentwicklung tätige NGO PARC, die vor rund 20 Jahren gegründet wurde, unterhält offizielle Kontakte mit der Palästinensischen Volkspartei (der ehemaligen Kommunistischen Partei Palästinas), aus der sie hervorgegangen ist. Nach ihrer Professionalisierung erweiterte sie ihren Aktionsradius bei der palästinensischen Bevölkerung. Die NGO ist bei internationalen Geldgeber:innen anerkannt und ihr Budget übersteigt das des palästinensischen Ministeriums für Landwirtschaft um ein Vielfaches. Wie gestaltet sich seine Beziehung zur Palästinensischen Behörde an der Schnittstelle zwischen Komplementarität und Konkurrenz? Welche Strategien verfolgt sie zur Erhaltung ihrer Legitimität bei der Bevölkerung und bei Geldgeber:innen? In diesem Buch werden das Zusammenspiel und die Kräfteverhältnisse sowie deren Verhandlung zwischen diesen verschiedenen Akteurinnen beschrieben.
Palästina ist ein Sonderfall, wenn es um die Definition von Regierungs- und Nichtregierungsbereichen geht, doch eben diese Spezifizität macht es zu einer Art Labor für die Wechselbeziehung zwischen dem Ehrenamt und einem entstehenden Staat. Mit dem Aufstieg von NGOs in ärmeren Ländern und der derzeitigen Aufwertung des Konzepts der Zivilgesellschaft wurden NGOs zu einem wichtigen Forschungsgegenstand. Dieses produktive Forschungsgebiet bietet mitunter ausgezeichnete theoretische Instrumente, die sich dieses Buch zunutze gemacht hat, während sich andere Analysen nicht auf den konkreten Fall Palästinas anwenden lassen.
