Die Gefahren neuartiger, neu auftretender oder wiederkehrender übertragbarer Krankheiten nehmen zunehmend globale Dimensionen an. Dieser Problematik widmet sich das Sekretariat der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 1995. Eine Hauptstütze der weltweiten Strategie zur grenzüberschreitenden Bekämpfung von Epidemien ist die Überwachung der öffentlichen Gesundheit. Dieses Konzept wurde von der WHO und ihren technischen Partner:innen durch eine Vielzahl jüngst erarbeiteter Instrumente und Initiativen erweitert und formalisiert. Die Verabschiedung der revidierten Internationalen Gesundheitsvorschriften (2005) durch die Weltgesundheitsversammlung schafft den rechtlichen Rahmen für die Anweisung der Länder, sich auszutauschen und ihre Aktivitäten über ein gemeinsames Netzwerk von Überwachungssystemen zu koordinieren. Während in den letzten 30 Jahren mehr und mehr neue Umweltbedrohungen und epidemische Krankheiten identifiziert wurden, haben sich in jüngerer Zeit aufgrund realer oder vermeintlicher Bedrohungen durch Bioterrorismus und Störungen in der Weltwirtschaft neue Einflussverfahren herausgebildet. In der Folge werden weltweite Überwachungsziele von neuen Akteur:innen, die Sicherheits- und wirtschaftliche Interessen vertreten, unterstützt bzw. vereinnahmt. Dieser Artikel untersucht die externen Faktoren, die sich auf das politische Engagement zur Einhaltung internationaler Gesundheitsvorschriften auswirken, und zeigt auf, welche konträren Effekte wahrgenommene Bedrohungen der Staatshoheit, unklare internationale Gesundheitsziele, das Fehlen international anerkannter Verhaltenskodizes zur Ermittlung bei Epidemien und die Erosion von Unparteilichkeit und Unabhängigkeit internationaler Organisationen zur Folge haben.