Im Rahmen der Ebolaepidemie in Westafrika wurden kollektive Anstrengungen in Gang gesetzt, um beschleunigte klinische Studien für den Test bisher nicht erprobter, aber im Rahmen einer weitreichenden Gesundheitskrise potenziell lebensrettender Massnahmen durchzuführen. Diese beispiellosen Bemühungen stützten sich auf die Empfehlungen eines von der WHO im August 2014 einberufenen Ad-hoc-Ethikausschusses. Mit der Reflexion darüber, warum und unter welchen Bedingungen die ausserordentlichen Umstände der Ebolaepidemie den Einsatz nicht erprobter Massnahmen rechtfertigten, stellen die Empfehlungen des Ausschusses die konventionelle Denkart über Therapieentwicklung und klinische Forschungsethik infrage. Gleichzeitig kamen offene ethische Fragen auf, darunter: (i) die Definition ausserordentlicher Umstände, (ii) die Definition nicht erprobter Massnahmen, (iii) die Ziele einer interventionellen Forschung in Bezug auf die Gegenüberstellung individueller und kollektiver Interessen, (iv) die Stellung von adaptiven Studiendesigns und (v) die genaue Bedeutung von «compassionate use» im Zusammenhang mit nicht zugelassenen Massnahmen. Die Untersuchung dieser Fragen verspricht, gemeinsam mit den an den Forschungsstandorten erhobenen empirischen Daten die Ethik der Katastrophenforschung mit einem pragmatischen Fundament zu unterlegen. Ausserdem signalisieren die klinischen Studien über Ebola eine Entwicklung der aktuellen Therapieforschungsparadigmen, die über epidemische Notlagen hinausgeht.